Wie wir Renditen analysieren
Portfoliorenditen werden meist in drei Komponenten aufgeschlüsselt: Kursgewinn, Dividenden und Devisenkurs. Wir haben eine Methode entwickelt, mit der wir Renditen eingehender analysieren und die Einflussfaktoren detailliert benennen können, z. B. Unternehmenswachstum, Margensteigerung, kluge Kauf- und Verkaufsentscheidungen oder einfach die von einem Unternehmen erwirtschafteten Mittelzuflüsse. In diesem Insight erläutern wir, wie wir bei unserer Renditeanalyse vorgehen.
Der zentrale Begriff: Kursgewinn
Ein Kursgewinn ergibt sich aus einer Erhöhung des Aktienkurses in einem bestimmten Zeitraum. Die meisten Anleger führen jede Veränderung des Aktienkurses einfach auf das Ergebnis von Angebot und Nachfrage auf dem Markt zurück. Wir haben einen anderen Ansatz gewählt und beschlossen, die Komponente Kursgewinn genauer aufzuschlüsseln. Statt allein auf Angebot und Nachfrage stützen wir unsere Analyse auf die Fundamentaldaten des Unternehmens. Aus dieser Perspektive lässt sich viel mehr aus dem Kursgewinn herauslesen, als es auf den ersten Blick scheint. Dazu gehören die Expansion eines Unternehmens in neue Märkte, seine operative Effizienz, die Bewertung des Unternehmens durch den Markt, seine Kapitalstruktur und letztlich die erwirtschafteten Mittelzuflüsse. Wir beziehen diese Faktoren in unsere Analyse ein, um genau zu verstehen, wie die Rendite unseres Fonds zustande gekommen ist.
Unsere Methode für die Analyse des Kursgewinns
Die Analyse basiert auf einer Gleichung, die zwar recht einfach, aber auf den ersten Blick nicht unbedingt intuitiv verständlich ist. Deshalb werden wir Sie Schritt für Schritt durch diese Gleichung führen. Zur Veranschaulichung ziehen wir bei jedem Schritt das Beispiel des Unternehmens Apple heran, dessen Aktien wir früher in unserem Portfolio hatten. Die Gleichung hat auf der einen Seite verschiedene Faktoren, die den Aktienkurs beeinflussen können. Auf der anderen Seite steht der Aktienkurs selbst. Gehen wir also die verschiedenen Faktoren durch, die den Aktienkurs bestimmen.
Faktor 1:
Unser erster Anhaltspunkt ist der Umsatz, also das Geld, das ein Unternehmen mit jedem Verkauf einnimmt. Wir haben uns im Februar 2016 an Apple beteiligt. Zu diesem Zeitpunkt lag der Umsatz des Unternehmens bei 235,0 Mrd. US-Dollar.
Faktor 2:
Berücksichtigen wir auch alle Aufwendungen, erhalten wir das Betriebsergebnis, das sich ganz einfach wie folgt berechnen lässt:
Umsatz × operative Marge = Betriebsergebnis
Im Beispiel von Apple betrug die operative Marge 30,3 %. Setzen wir diese Zahlen in die Gleichung ein, erhalten wir das Betriebsergebnis:
235,0 Mrd. USD × 30,3 % = 71,2 Mrd. USD
Faktor 3:
Der Gesamtwert eines Unternehmens wird als «Unternehmenswert» bezeichnet. Über diesen Wert wird verhandelt, wenn ganze Unternehmen verkauft bzw. gekauft werden. Das Verhältnis zwischen dem Betriebsergebnis und dem Unternehmenswert ist die Bewertung. Sie wird in einer Kennzahl ausgedrückt, die wir als Multiplikator bezeichnen. Der Multiplikator stellt das Verhältnis zwischen dem Jahresergebnis eines Unternehmens und dem Preis dar, den eine Käuferin für dieses Ergebnis zu bezahlen bereit ist. Je mehr sie im Verhältnis zum Gewinn zahlt, desto höher ist der Multiplikator.
Betriebsergebnis × Multiplikator = Unternehmenswert
Im Beispiel von Apple belief sich der Unternehmenswert zum Kaufzeitpunkt auf 374,0 Mrd. US-Dollar, was einem Multiplikator von 5,3 entsprach.
71,2 Mrd. USD × 5,3 = 374,0 Mrd. USD
Faktor 4:
So wie Sie bei der Berechnung Ihres Eigenkapitals die Hypothek vom Wert Ihres Hauses abziehen würden, ziehen wir die Nettoverschuldung vom Unternehmenswert ab, um den Wert aller im Umlauf befindlichen Aktien eines Unternehmens zu ermitteln. Dieser Wert wird auch als Marktkapitalisierung des Unternehmens bezeichnet.
Unternehmenswert – Nettoverschuldung = Marktkapitalisierung
Als wir 2016 Apple-Aktien kauften, hatte das Unternehmen mehr Barmittel als Schulden. In diesem Fall war die Nettoverschuldung also negativ. In unserer Gleichung sieht das so aus:
374,0 Mrd. USD – (–152,8 Mrd. USD) = 526,7 Mrd. USD
Faktor 5:
Je nach Kapitalstruktur eines Unternehmens kann eine Steigerung des Unternehmenswerts einen Leverage-Effekt (Hebelwirkung) haben. Steigt der Unternehmenswert bei konstanter Nettoverschuldung, erhöht sich die Marktkapitalisierung (Eigenkapital) zwar um denselben absoluten Betrag, die relative Veränderung des Eigenkapitals zum Fremdkapital kann jedoch größer oder kleiner sein. Ein Beispiel finden Sie in der Fußnote*.
Faktor 6:
Wie der Begriff Anteilseigner andeutet, haben wir mit dem Kauf einer Aktie lediglich einen Anteil am Unternehmen erworben. Somit entspricht die Marktkapitalisierung dividiert durch die Gesamtzahl der Anteile bzw. Aktien dem Aktienkurs. Zusammengefasst lässt sich die gesamte Gleichung wie folgt darstellen:
[ (Umsatz x operative Marge) × Multiplikator – Schulden ] / Anzahl Aktien = Aktienkurs
Wir können nun die Zahlen für Apple einsetzen, um unseren 2016 gezahlten Kaufpreis zu ermitteln. Apple hatte damals 5’545 Milliarden Aktien im Umlauf:
[ (235,0 Mrd. USD x 30,3 %) × 5,3 – (–152,8 Mrd. USD) ] / 5’545 = 95,00 USD
Was wie eine einfache Gleichung aussieht, erweist sich beim genaueren Hinschauen als äußerst interessant! Verändert sich der Aktienkurs, können wir nun sehen, welche Variable auf der linken Seite der Gleichung dafür verantwortlich ist. Veränderungen innerhalb eines Tages werden in der Regel einfach durch die Marktwahrnehmung – das Angebot und die Nachfrage – bestimmt, dargestellt durch den Multiplikator, der wiederum zeigt, wie viel die Marktteilnehmer für ein bestimmtes Betriebsergebnis zu zahlen bereit sind. Über einen Zeitraum von fünf Jahren betrachtet ändern sich aber auch andere Faktoren: Der Umsatz kann gestiegen oder gesunken sein, das Unternehmen hat vielleicht Aktien zurückgekauft, die Fremdkapitalstruktur kann sich verändert haben oder auch die operative Marge. Jetzt beginnt der Spaß! Wir können nun genau zuordnen, welche Faktoren die Veränderung des Aktienkurses verursacht haben.
Eine Analyse aus dieser Perspektive erweitert die drei ursprünglich eingeführten Faktoren Kursgewinn (KG), Dividende (D) und Devisenkurs (FX) auf acht Faktoren, wie in der folgenden Tabelle dargestellt.
* Zur Erinnerung: Unternehmenswert – Schulden = Marktkapitalisierung. Steigt der Unternehmenswert bei konstanter Verschuldung, kann ein Leverage-Effekt entstehen. Das heißt, die Eigenkapitalrendite steigt, weil das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital günstiger wird. Dies lässt sich am besten anhand eines Beispiels erklären. Nehmen wir an, ein Unternehmen hat einen Unternehmenswert von 100 Schweizer Franken, der sich aus 50 Franken Fremdkapital und 50 Franken Eigenkapital (Marktkapitalisierung) zusammensetzt. Sollte die Bewertung bei unverändertem Betriebsergebnis um 20 % steigen, ergibt sich ein Unternehmenswert von 120 Franken [= 100 CHF × 120 %]. Die Nettoverschuldung beträgt immer noch 50 Franken. Deshalb ist die Marktkapitalisierung auf 70 Franken gestiegen [120 CHF – 50 CHF = 70 CHF], was einer Veränderung von +40 % gegenüber den ursprünglichen 50 Franken entspricht. In diesem Beispiel können 20 Prozentpunkte des Renditeanstiegs der höheren Bewertung und 20 Prozentpunkte dem Leverage-Effekt zugeordnet werden.
Vorteile dieser Methode
Sie fragen sich vielleicht, warum man sich die Mühe machen sollte, diese Faktoren einzeln zu berechnen. Weil die Aufschlüsselung viele Vorteile bietet. Sie können daraus zum Beispiel ablesen, wie ein Fondsmanager die ausgewiesene Rendite erzielt hat. Der Einfluss der einzelnen Faktoren auf die Rendite lässt Rückschlüsse auf die Anlagestrategie zu. Value-Anleger erwarten, Rendite durch den Faktor Bewertung zu erzielen, indem sie unterbewerte Aktien kaufen und sie wieder verkaufen, sobald die Aktie am Markt eine bestimmte höhere Bewertung erreicht.
Growth-Anleger wiederum kaufen Aktien von Unternehmen mit hohem Umsatzwachstum, während Income-Anleger nach Aktien mit hoher Dividendenrendite suchen. Und Turnaround-Anleger interessieren sich für Unternehmen in einer aktuell schwierigen Lage, bei denen jedoch eine Verbesserung der operativen Marge zu erwarten ist. Diese retrospektive Analyse zeigt also, ob sich ein Fonds an die ursprünglich zugesagte Strategie gehalten hat.
Das Beispiel Apple
Wir verwenden dieses Analyseverfahren für alle unsere Anlagen. Nachdem wir unsere Apple-Aktien im Juli 2020 zu einem Preis von je 391,05 US-Dollar verkauft hatten, analysierten wir, was in diesem Zeitraum mit unserer Anlage passiert war. Wir brauchten nur die Zahlen in die Gleichung einzusetzen, um zu erfahren, was den Anstieg des Aktienkurses von 95 auf 391 US-Dollar verursacht hatte.
Apple im Februar 2016 (Kaufzeitpunkt):
[ (235,0 Mrd. USD x 30,3 %) × 5,3 – (–152,8 Mrd. USD) ] / 5’545 = 95,00 USD
Apple im Juli 2020 (Verkaufszeitpunkt)::
[ (268,0 Mrd. USD x 24,5 %) × 24,4 – (–93,4 Mrd. USD) ] / 4’324 = 391,05 USD
Wie sich die Faktoren bei Apple während unserer vierjährigen Beteiligung verändert haben, ist in Abbildung 2 dargestellt.
Apples Betriebsergebnis ist in den vier Jahren trotz Umsatzwachstum gesunken. Ursache war eine Verschlechterung der operativen Marge. Auf die Hintergründe gehen wir hier nicht näher ein. Für unsere Anlageentscheidungen ist das Verständnis der Gründe der jeweiligen Veränderungen jedoch selbstverständlich zentral. Der große Treiber für die Rendite der Apple-Aktie war die Bewertung. Als wir unsere Aktien kauften, betrug das Verhältnis von Unternehmenswert und Betriebsergebnis 5,3. Als wir unsere Aktien verkauften, war der Markt bereit, uns mehr als das 24-fache des anteiligen Betriebsergebnisses für unsere Aktien zu zahlen.
Apple hat in diesen vier Jahren auch viel Geld verdient. Da das Unternehmen jedoch mehr Geld ausgab als es einnahm (die Barmittel in der Bilanz verringerten sich), stieg die Nettoverschuldung. Der Großteil der Mittel wurde für den Rückkauf von Aktien und die Zahlung von Dividenden in Höhe von insgesamt 11,60 US-Dollar pro Aktie in diesem Zeitraum verwendet. Zudem verlor der US-Dollar gegenüber dem Schweizer Franken an Wert, was einen leichten Währungsverlust zur Folge hatte.
Abbildung 3 stellt die Beiträge der einzelnen Faktoren grafisch dar.
In dieser Darstellung lässt sich sofort erkennen, dass die Veränderung der Bewertung der Hauptgrund für die außergewöhnlich gute Rendite von über 300 % war. Sah der Markt die Zukunft von Apple Anfang 2016 noch sehr pessimistisch, hatte sich die Stimmung vier Jahre später deutlich verbessert. Nach diesem starken Kursanstieg trennten wir uns von Apple und legten die freigewordenen Mittel in Aktien an, die nach unserer Meinung ein größeres Potenzial versprachen.
Der Deep Research Fund
Dasselbe Analyseverfahren, das wir für Apple verwendet haben, kann auf alle Aktien im Portfolio angewandt werden. Im Januar 2016 begannen wir mit dem Management der Klasse-A-Aktien des Deep Research Fund. Eine Aufschlüsselung der Rendite [Tabelle unten] erklärt, wie wir seitdem die Nettorendite von +10,3 % pro Jahr erzielt haben. Zeile 1 zeigt, wie stark der Umsatz unserer Portfoliounternehmen in jedem Jahr gestiegen ist. Unser Anlageprozess ist zwar nicht darauf ausgelegt, Unternehmen mit hohem Umsatzwachstum zu finden. Wir suchen jedoch nach Unternehmen mit ausgezeichneten Produkten und Dienstleistungen, die in der Regel neue Kunden anziehen und damit ihren Umsatz steigern können.
Die operative Marge (Zeile 2) ist seit jeher unsere größte Herausforderung. Der Wert für 2020 kann auf die Schwierigkeiten während der Corona-Pandemie zurückgeführt werden.
Wir hatten jedoch schon vorher viele Unternehmen im Portfolio, die statt auf kurzfristige Gewinne auf eine langfristige Verbesserung ihrer Wettbewerbsfähigkeit setzten und ihre F&E-Budgets erhöhten oder anderweitig in das Unternehmen investierten. Zeile 3 zeigt, worum es uns im Kern geht. Sie ist für den Value-Investing-Ansatz zentral und spiegelt den Bewertungsgewinn wider, den wir oben auch als Multiplikator bezeichnet haben. Wir versuchen, gute Unternehmen zu einem günstigen Preis zu kaufen. Unsere eingehenden Analysen und Recherchen vor jeder Anlageentscheidung geben uns Aufschluss darüber, ob eine bestimmte Aktie vom Markt unterbewertet wird. Ist dies der Fall, kaufen wir, warten ab und verkaufen, wenn der Aktienkurs – wie erhofft – gestiegen ist. Zur Klarstellung: Unsere durchschnittliche Haltedauer liegt bei etwa fünf Jahren und wir haben viel Geduld, was den Bewertungsaspekt angeht.
Zeile 4 zeigt die Veränderung der Nettoverschuldung unserer Unternehmen.
Dieser Faktor trägt nicht wesentlich zum Ergebnis bei, da unsere Unternehmen ihre Gewinne nicht horten, sondern reinvestieren, als Dividenden ausschütten oder für Aktienrückkäufe verwenden. Deshalb war die Nettoverschuldung am Jahresende meist ähnlich hoch wie am Jahresanfang. Auch hier bildet 2020 eine Ausnahme. Die meisten Unternehmen zogen es vor, etwas mehr Barmittel zu halten, bis die Corona-Pandemie unter Kontrolle sein würde. In Zeile 5 geht es um die Kapitalstruktur unserer Unternehmen. Die Nutzung von Leverage-Effekten ist nicht Bestandteil unserer Anlagestrategie. Der leicht negative Beitrag ist das Ergebnis unserer Präferenz für Kapitalstrukturen mit geringem Fremdkapitalanteil, also Unternehmen mit sehr geringer Verschuldung.
Wie bereits erwähnt, nutzen viele unserer Unternehmen ihre erwirtschaftenen Gewinne, um eigene Aktien zurückzukaufen und Dividenden auszuschütten. Durch diesen Rückkauf verringert sich die Anzahl der im Umlauf befindlichen Aktien eines Unternehmens (Zeile 6).
Damit steigt der prozentuale Anteil unserer Beteiligung an diesen Unternehmen. Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen (Zeile 7) trugen nach Steuern etwa +2,6 % zur Rendite des Fonds bei. Daraus ergab sich die jährliche Aktienrendite (brutto) von +13,1 %. Die Auswirkungen auf die Liquidität beziehen sich auf den Teil des Fondskapitals, der in bar gehalten wurde. Und die Differenz zwischen Brutto- und Nettorendite entspricht dem Aufwand für die Verwaltung des Fonds.
Wenn wir die Daten aus der obigen Tabelle auf dieselbe Weise darstellen wie die Daten für Apple, erhalten wir die folgende Grafik. Sie zeigt die Compounded Annual Growth Rate (CAGR), also die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate bzw. die jährliche Bruttorendite des Fonds seit seiner Auflegung. Die jährliche Bruttorendite des Fonds beträgt +11,9 %. Nach Abzug der Kosten für die Verwaltung des Fonds ergibt sich eine jährliche Nettorendite von +10,3 %.
Fazit
Solange ein Fonds seiner Strategie treu bleibt, wird der relative Beitrag der acht Faktoren zur Rendite jedes Jahr ähnlich sein. Jede Abweichung sollte erklärt werden. In unserem Fall gab es 2020 eine große Abweichung von der Norm, die auf den Einbruch der Wirtschaft während der Corona-Pandemie zurückzuführen ist.
Auf unserer Website finden Sie unter Renditeanalyse weitere Informationen darüber, was 2020 (bzw. in den anderen Jahren) passiert ist und welche Faktoren zum Erfolg des Fonds beigetragen haben.
Erstveröffentlichung: April 2021 Neuste Version: Dezember 2024